Tiny Häuser bieten Obdachlosen eine Perspektive. Der Verein Menschen in Not finanziert ein Haus für eine Person (rechts) in Schwaigern. Foto: privat

Gemeinschaftsprojekt mit der Aufbaugilde: Verein kauft Tiny Haus und schafft Wohnraum für Obdachlose

Von Tanja Ochs

Wohnungsnot ist ein Thema, das immer mehr Menschen betrifft. Immer schwerer ist es auch in der Region, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Experten zufolge scheitert inzwischen jeder vierte Haushalt in Heilbronn bei der Suche nach einem Dach über den Kopf. Auch bei der Aktion Menschen in Not steht das Thema zunehmend im Fokus, viele Menschen beantragen Unterstützung im Zusammenhang mit ihrer Wohnsituation. Das nimmt der Verein zum Anlass für eine Sonderausschüttung.

Um wohnungslosen Menschen eine nachhaltige Perspektive zu bieten, finanziert der Verein in diesem Jahr als Sonderprojekt zwei Tiny Häuser, die von Obdachlosen genutzt werden sollen. Das erste wurde bereits in Schwaigern aufgestellt. Ein zweites ist in Heilbronn-Sontheim geplant. Rund 85  000 Euro stellt der Verein dafür zur Verfügung. Gemeinsam mit der Aufbaugilde Heilbronn will die Sozialaktion der Heilbronner Stimme damit ein Zeichen für soziales Miteinander setzen. Die Aufbaugilde übernimmt Auswahl und Betreuung der Bewohner, die zeitlich befristet in den Häusern unterkommen und gleichzeitig dabei unterstützt werden, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen.

Das diakonische Sozialunternehmen bringt viel Erfahrung mit. Bereits vor drei Jahren hatte die Aufbaugilde drei Wohncontainer in der Happelstraße in Heilbronn aufgestellt. Diese sollen künftig nach Schwaigern, Neckargartach und Sontheim umziehen, außerdem möchte die Aufbaugilde zwei weitere Häuser in Heilbronn aufstellen.

Eine der ehemaligen Bewohnerinnen in der Happelstraße erzählt, sie habe sich dort sehr wohl gefühlt. „Eigene vier Wände zu haben war gut, vor allem seine Ruhe zu haben, aber auch das eigene Bad.“ Die kleinen Häuser bieten eine komplette Wohneinheit. Eine große Hilfe sei aber vor allem die Betreuung durch die Aufbaugilde gewesen. „Die Pädagogen direkt als Ansprechpartner zu haben, war mir besonders wichtig“, erzählt die 45-Jährige, die inzwischen eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin macht und noch immer auf Wohnungssuche ist. Aktuell lebt sie in einer betreuten Wohngemeinschaft der Aufbaugilde. „Mein Ziel ist es, zukünftig wieder alles alleine zu managen.“ Das bestätigt ihr ehemaliger Nachbar im Tiny Haus, der ebenfalls auf der Suche nach einer eigenen Wohnung ist.

Wohnungslose und Obdachlose haben am freien Wohnungsmarkt allerdings kaum eine Chance. Umso wichtiger sind Angebote, die diesen Menschen eine Perspektive für ihre Wiedereingliederung eröffnen. Dafür gibt es in der Stadt und im Landkreis Heilbronn unter anderem die Wohnungslosenhilfe der Aufbaugilde, die für ihre Wohnheimzimmer Wartelisten führt. Tiny Häuser, die knapp zwölf Quadratmeter Wohnraum inklusive Bad bieten, könnten für einen Teil der Betroffenen Abhilfe schaffen. Deshalb hat sich die Aufbaugilde vorgenommen, noch mehr kleine Häuser für eine temporäre Nutzung aufzustellen. Das Modellprojekt in Schwaigern, das neben dem Einzelhaus aus der Aktion Menschen in Not auch ein weiteres Doppelhaus umfasst, soll nur ein erster Standort im Landkreis werden, hofft Hannes Finkbeiner, Geschäftsführer der Aufbaugilde. „Wir sind mit anderen Gemeinden im Gespräch.“ Auch in Schwaigern bestehe die Option, ein drittes Haus neben die beiden fertigen Wohnungen zu stellen.

Denn nicht nur in der Stadt, auch im Landkreis ist die Not groß. „Der Wohnraumbedarf ist immens“, sagt Schwaigerns Bürgermeisterin Sabine Rotermund. Sie und ihren Gemeinderat hat das Konzept überzeugt: „Die Aufbaugilde ist ein kompetenter Ansprechpartner.“ Die Nutzung in der Leintalkommune ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Anwohner hatten keine Einwände. Das Grundstück im Blumenweg, das ursprünglich für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen vorgesehen war, hat die Stadt zur Verfügung gestellt und auch alle Anschluss-, Grabungs- und Bauantragskosten übernommen. Hochengagiert sei die Verwaltung, lobt Hannes Finkbeiner. Dafür haben Obdachlose aus Schwaigern bei der Wahl der Bewohner auch Priorität. „Wir haben immer wieder akute Fälle“, sagt die Bürgermeisterin, aktuell seien sechs Personen in der Unterbringung der Stadt. Vier bis fünf Räumungsklagen gebe es jährlich allein in Schwaigern, der Druck auf dem Wohnungsmarkt sei groß.

Das Modellprojekt der Aufbaugilde sei hervorragend, sagt Rotermund, die auch für die finanzielle Unterstützung durch den Verein Menschen in Not dankbar ist. Das Ziel ist, Menschen raus aus der Obdachlosigkeit zu holen und ihnen bei der Vermittlung eigener vier Wände zu helfen. Interessenten für beide Standorte gibt es bereits, bestätigt Hannes Finkbeiner. „Das Engagement von Menschen in Not und den Spendern ist eine Bestätigung unserer unermüdlichen Arbeit gegen die Wohnungsnot und setzt ein positives Signal. Dafür sind wir sehr dankbar.“