
Ein Wäschetrockner ist eigentlich ein Luxusgerät und wird nicht finanziert. Als die Not in einer Familie in Hohenlohe allerdings besonders groß war, weil die Kinder nicht genug Kleidung hatten, machte das Sozialamt eine Ausnahme. Foto: Mariakray – stock.adobe.com
Von Tanja Ochs
Angefangen hat alles in der Stadt Heilbronn. Vier Familien bekamen die ersten Spenden von Lesern der Heilbronner Stimme im Jahr 1970. Wenig später wurde die Aktion Menschen in Not auch im Landkreis Heilbronn aktiv. In den 80er Jahren wurde der Aktionsradius vergrößert. Seitdem werden auch Bedürftige im Hohenlohekreis bedacht. Der Verein Menschen in Not ist im Verbreitungsgebiet von Heilbronner Stimme, Kraichgau Stimme und Hohenloher Zeitung aktiv. Spenden gehen nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an soziale Einrichtungen und Institutionen. Unter anderem erhalten auch die Sozialämter einen Topf, mit dem die Mitarbeiter schnell und unbürokratisch helfen können, wenn das Gesetz ihnen keinen Spielraum mehr lässt.
So kommt es, dass die Spenden der Leser und Partner manchmal auch eine vermeintliche Luxusanschaffung ermöglichen. Zumindest an einen Fall erinnert sich Karin Reinert, die als Fachdienstleiterin im Sozialamt in Künzelsau 30 Jahre lang das Geld aus der Hilfsaktion verwaltet hat. Wenn das Sozialrecht nicht weiterhelfen konnte, hatte sie und ihre Kollegen es dank der Spenden noch eine Möglichkeit, Menschen zu unterstützen.
Zum Beispiel eine Familie, die mit mehreren Kindern und wenig Kleidung in einer kleinen Wohnung lebte. Die Wäsche trocknete nur schlecht, die Kinder hatten nicht genug Wechselkleidung. Die Familie hatte keine Möglichkeit, aus eigenen Mitteln etwas an ihrer Lage zu ändern. In diesem speziellen Fall bewilligte das Sozialamt deshalb einen Wäschetrockner. „Wir waren oft sehr froh, dass wir die Mittel hatten“, erzählt die Verantwortliche. Für die Familie bedeutete die Spende eine große Erleichterung im Alltags und mehr Lebensqualität.
Von 1974 bis 2015 hat Karin Reinert im Sozialamt des Hohenlohekreises gearbeitet, ab 1985 war sie verantwortlich für das Geld aus der Aktion Menschen in Not (MIN). Etwa 2000 Mark gab es anfangs für ein ganzes Jahr, erinnert sie sich. „Deswegen haben wir auch nur kleine Beträge bewilligt“, erklärt Werner Streicher, Sozialamtsleiter im Künzelsauer Landratsamt in jener Zeit. Zuerst sei immer die Beihilfe laut Gesetz ausgeschöpft worden, die Sachbearbeiter haben jeden Fall genau geprüft, bevor sie um einen Zuschuss gebeten haben. „MIN-Gelder waren Chefsache“, betont Streicher. Damit habe das Amt in Einzelfällen helfen können. Dabei habe man den Empfängern immer deutlich gesagt, dass das Geld von der Aktion Menschen in Not kam. „Wir waren dankbar und froh“, erinnert sich der 69-Jährige. Einmal im Jahr fuhr er in den 28 Jahren seiner Amtszeit nach Heilbronn, um bei der Ausschüttung der Hilfsaktion dabei zu sein. Bis heute verteilt der Verein immer vor Weihnachten das Geld.
„Die Verteilung lang in unserer Verantwortung“, sagt Karin Reinert. „Es musste eine besondere Situation sein“, erklärt die 68-Jährige. Viele sollten profitieren. Zum Beispiel wenn die Rentenbewilligung auf sich warten ließ, wenn Unterhaltsvorschuss gezahlt werden musste, wenn Eltern das Schullandheim nicht zahlen konnten oder wenn krankheitsbedingt das Familieneinkommen wegbrach. „Der Gesetzgeber kann nicht jeden Einzelfall regeln“, weiß Werner Streicher. „Außergewöhnliche Dinge sind nicht vorgesehen.“ Das wussten auch die Klienten. „Es gibt immer eine Schicht, die unten durchfällt“, sagt Karin Reinert. In den 80ern ebenso wie heute. „Viele Bereiche kommen ohne Spenden nicht aus.“
Für das Sozialamt hat sich die Kupferzellerin in den 70er Jahren bewusst entschieden. „Ich wollte Menschen helfen“, sagt sie. Außerdem habe man in ihrem Beruf nie ausgelernt, sagt die Pensionärin. Vielseitig gefordert seien sie gewesen, sagt auch Werner Streicher. „Jeder Tag war spannend.“