Viele Mütter waren während des ersten Lockdowns zu Hause und haben sich um Job und Unterricht gleichzeitig gekümmert. Davon waren einige überfordert, die Betroffenen fanden Hilfe bei Sozialorganisationen. Foto: Anke Thomass/stock.adobe.com

Einrichtungen aus der Region kooperieren mit dem Verein Menschen in Not – Corona führt zu vielen Notlagen

Von Annika Heffter

Dieses Jahr ist alles anders, auch für viele Sozialarbeiter in der Region. Corona bringt Menschen in Notlagen, die vorher gut über die Runden kamen. Und auch andere Herausforderungen wie die schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt sind weiterhin vorhanden, auch wenn sie zum Teil von den coronabedingten Problemen überschattet werden.

Welche großen Themen die Sozialarbeiter beschäftigen, berichten sie jedes Jahr in einem Treffen mit dem Vorstand des Vereins Menschen in Not. Dieses Mal fand der Austausch mit den mehr als 20 regionalen Sozialeinrichtungen erstmals digital statt. Besprochen wurden dabei unter anderem Fallbeispiele und Erfahrungen aus der letzten Aktionsrunde, die aktuelle 51. Spendenaktion, das diesjährige Sonderprojekt rund um Tiny Häuser und die anhaltende Kooperation des Vereins Menschen in Not mit den Sozialarbeitern.

Ein Hauptproblem, das Elisabeth Ernst vom Kreisdiakonieverband Hohenlohekreis anspricht, sei die steigende Arbeitslosigkeit wegen der Corona-Pandemie. „Menschen, die zum Beispiel in prekären Arbeitsverhältnissen waren, haben von jetzt auf nachher ihren Job verloren.“ Das sieht auch Stefan Kümmerle von der Schuldnerberatung des Landratsamts Hohenlohe als Problem: „Außerdem verschuldet sich nun ein anderer Personenkreis. Es kommen vermehrt auch Menschen aus der Mittelschicht zu uns, die vorher eigentlich finanziell recht stabil dastanden, aber deren befristete Arbeitsverhältnisse zum Beispiel nicht verlängert wurden.“

Noch dazu, sagt Elisabeth Ernst, seien die Behörden lange Zeit nicht zugänglich gewesen, weshalb viele vor verschlossenen Türen gestanden hätten. Das führe auch zu Missverständnissen und Kommunikationsproblemen, bestätigt Ralf Unger von der Schuldenberatung der Arbeiterwohlfahrt Heilbronn. „Leider lassen sich nicht alle Anliegen telefonisch regeln und mit der Stellung von Onlineanträgen bei Sozialleistungen sind viele überfordert“, sagt er. Es sei daher damit zu rechnen, dass die Hilfe gerade bei denen mit Verzögerung ankommen werde, die sich am wenigsten selbst helfen könnten.

„Prekäre Arbeitsverhältnisse sind noch prekärer geworden“, stimmt Jutta Räbiger vom Kinderschutzbund Heilbronn zu. Selbst klassische Mittelstands-Familien kämen jetzt finanziell unter Druck. Auch Silke Zimmermann von der Diakonischen Jugendhilfe Region Heilbronn erzählt, dieses Jahr sei bisher „abenteuerlich“ gewesen. Bei den beruflichen Bildungsangeboten ihrer Einrichtung würden „überwiegend Frauen mit Kindern“ landen. „Während des ersten Lockdowns waren viele dieser Frauen zu Hause mit den Kindern und haben Homeschooling gemacht“, erzählt sie. Einige Betroffene seien völlig überfordert gewesen, auch, weil sie oft in kleinen Wohnungen ohne Außenbereich lebten.

Im gesundheitlichen Bereich hat Thomas Kallerhoff von der Diakonie Bezirksstelle in Künzelsau einen Anstieg an Hilfsbedürftigen festgestellt. Zuzahlungs-Anträge „für medizinische Versorgung, Medikamente und Rezept-Gebühren“ seien häufiger geworden. Außerdem, erzählt er, sei die angespannte Mietsituation ein Problem. Nebenkosten würden immer detaillierter und höher, gerade Menschen im Niedriglohn-Bereich hätten immer weniger Geld für ihren persönlichen Bedarf übrig.

Die Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern ist für den Verein Menschen in Not unter anderem deshalb wichtig, weil die Experten Hilfegesuche ihrer Klienten weiterleiten, die Spendengelder bekommen können. Das ganze Jahr über werden so Fälle der Sozialarbeiter von dem Verein unterstützt. Zusätzlich stellt Menschen in Not jährliche Zuwendungen für die Einrichtungen zur Verfügung, die diese zum Beispiel für Projekte verwenden können.